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  4. Ein alter Fassnachtsbrauch in Dehrn
 
Das Leben unserer Dorfbewohner ist von mancherlei Sitten und Gebräuchen begleitet, die tief im Volkstum wurzeln, und die sich daher viele Jahrhunderte hindurch erhalten haben. Ein typisches Beispiel hierfür war das sogenannte „Fastnachtsfeuerchen". Fastnacht 1919 flammte es zum letzten Mal gen Himmel.
 
Zweifellos ging es zurück bis auf unsere germanischen Vorfahren. Über den Sinn dieses Feuers machte man sich weiter keine Gedanken. Es war eben eine althergebrachte Sitte und davon konnte man sich erfahrungsgemäß nur schwer trennen.
 
Einmal schon war das Abbrennen aufgegeben worden, und zwar deshalb, weil der damalige Verwalter des früheren Schlossgutes die Benutzung des gewohnten Platzes, der Eigentum seines Herren war, untersagt hatte.
Zufälligerweise wurde im gleichen Jahre das Dorf durch große Brände heimgesucht, und man sah darin eine Strafe für die Aufgabe dieses alten Brauches. Da dieser der jüngeren Generation nicht mehr aus eigenem Erleben bekannt ist, und die Einzelheiten bald ganz der Vergangenheit angehören dürften, sei hier näher darauf eingegangen.
 
Nach uralter Tradition war dem Schuljahrgang, der Ostern des gleichen Jahres zur Entlassung kam, das Sammeln für das „Fastnachtsfeuer“ übertragen. Hierauf war er besonders stolz, von den jüngeren Jahrgängen ob dieses Vorzugs nicht wenig beneidet.
 
Diesem ihrem „größten Tag im Jahre" gingen alle möglichen Vorbereitungen voraus. Überall spähte man schon vorher, wo man geeignetes Material in möglichst großer Menge erhalten könne. Dazu kamen nicht zuletzt alle noch vorhandenen dürren Weihnachtsbäume, die für diesen Zweck immer von den Bewohnern zurückgelegt wurden. Jedes Haus leistete mit Stroh, Holz und sonstigem brennbaren Material seinen Beitrag. So entstand ein haushoher Stapel.
 
Während sich der genannte Jahrgang am Fastnachtdienstag darum kümmerte, möglichst viel Brennbares zu sammeln, zog die übrige Dorfjugend maskiert einher. Die Tirolertracht, dazu eine Büchse auf dem Rücken, war damals besonders beliebt. Vor bestimmten Häusern machten die Jungen halt, um Eier, Speck und Geld zu sammeln, das nachher brüderlich geteilt wurde. Auch dem Besitzer des Schlosses wurde immer ein Besuch abgestattet. Hier gab es klingende Münzen.
 
Bei ihrer Vorsprache sangen sie immer:
 
                           " Ho,ho,ho, die Fassenoacht iß doo.
                                 Hon mer nix ze koche,
                               spiel’n mer mit de Knoche.
                           Schneid mer'n Stück vom Schänke,
                                 loßt die Knoche hänke,
                             loßt mich net so lang hei steh,
                             denn ich muss noch weitergeh "
 
Begann es am Abend zu dunkeln, zog die gesamte Dorfjugend unter der Aufsicht eines Lehrers auf die Anhöhe. Diese lag etwa l00 m hinter der jetzigen Pfarrkirche auf der Höhe. Bald loderten mächtige Flammen zum Himmel.
 
Im gleichen Augenblick verstummte die lärmende Jugend. Man bildete Einen großen Ring um das Feuer, und sogleich. Bekam die Feier einen religiösen Einschlag.
 
Geordnet zog die Jugend mit Gebet und Gesang zurück zum Kreuz, Ecke Burgfrieden/Hintergasse. Die Fastnacht war für sie zu Ende. Alte Lieder, halbvergessen waren es, die man sang. Sie hatten sich, wie der Text bewies, durch Jahrhunderte erhalten.
 
Vergänglichkeit alles Irdischen war der Leitgedanke.